Wie ich zur Fotografie kam...

Zur Fotografie bin ich sehr früh gekommen, schon in der 6. Klasse schleppte uns unser Kunstlehrer Herr Wolff in die Dunkelkammer. Dort wurden Fotogramme erstellt und viel mit Entwickler und Fixierer rumgepanscht.

Wenig später stand ein Besuch bei meiner Schwester in Hamburg an. Von meinem Vater habe ich mir dazu seine Agfa Kleinbildkamera ausgeliehen und meine Mutter spendierte mir eine Hand voll Filme von FotoPorst. Mit Handbelichtungsmesser, Kamera und Stativ(!) bewaffnet ging es mit Mutti und Vati in den Norden. Ich knipste, was das Zeug hielt und meine Mutter mußte sogar Filme nachkaufen, dass Sie dabei den Grundstein zu meinem Hobby und späteren Beruf legte, war uns beiden damals noch nicht klar!

Die Bilder aus Hamburg sind selbst aus heutiger Sicht gar nicht so schlecht geworden, dafür dass sie frei von jeglichen Grundkenntissen entstanden sind. Komplett manuell belichtet und die Entfernung bei jedem neuen Bild geschätzt, denn von Autofokus mit Gesichts- und Augenerkennung (das ist der Stand heute) war damals nicht mal zu täumen!

Was ein wenig ernüchterte, war der Preis, für die "Unmegen" an Abzügen, es waren bestimmt mehr als 100 ;-) Und so kamen sicher noch knapp unter 100,- DM zu den Filmkosten hinzu, was weder meine Mutter, noch ich vorher auf der Rechnung hatten.

Aber wie gesagt, der Grundstein war gelegt, und so war sofort klar, dass eine neue Kamera her mußte!

Ein entfernter, etwas xxx, Bekannter aus dem Freibad [sic!], bot mir eine "komplette" Spiegelreflexausrüstung mit einer "Unmege von Objektiven zum Spottpreis" an. Ich nervte meine Eltern so lange, bis sie mir, ich glaube es waren schon wieder 100,-DM, zuschossen, damit ich mir die Kamera mit einem 50mm Objektiv besorgen konnte. Von den versprochenen anderen Objektiven, war dann irgenwie nicht mehr die Rede. Aber: die Minolta SRT 100X war meine! YES!

Jetzt war natürlich auch das Interesse an der Fotografie im Allgemeinen geweckt. Jede Information deren ich habhaft werden konnte, wurde aufgesaugt und x-mal wiederkäut. Wenn ich es mit den heutigen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung vergleiche, bin ich fast froh, dass nur eine begrenze Menge an Fotolesestoff zur Verfügung stand. Heute wäre ich devinitiv ein YouTube-Junkie o.ä. So blieben die Prospekte der zwei Fotohändler in Ludwigsburg, und ab und zu ein Artikel in der LKZ, die wichtigsten Informationsquellen zum Thema Fotografie. NEIN! Da war noch was, fast hätte ich es vergessen: Die monatliche Ausgabe des COLOFOTO Magazins. Dort wurden Kameras, Objektive und Zubehör getestet und in ausführlichen Artikel beschrieben. Auch gestalterische Themen war immer mit drin.

Irgendwann, es muß so um 1981 gewesen sein, war die Zeit reif für die erste, selbst gekaufte Kamera. Eine Contax oder eine Nikon waren außerhalb der finanziellen Reichweite, also waren die Kameras der Firma Minolta die Objekte der Begierde. Gleich nach dem Erscheinen der Minolta XG-M gab es für mich kein anderes Thema mehr, bis ich sie endlich in den Händen halten konnte. Kurz darauf mußte natürlich auch noch der Motodrive her, der unglaubliche 3,5 Bilder / Sek. ermöglichte.
Der Karriere als Sportfotograf konnte nichts mehr im Wege stehen!
Und so verband ich meine zwei Hobbys Fotografie und Basketball miteinander:
Wenn am Samstag Abend die "Erste" (die "Herrenmannschaft" von 07 Ludwigsburg Abteilung Basketball)  zuhause spielte, wurde zuerst mit den Mannschaftskameraden der C, B und später A-Jugend die Rundporthalle für das Spektakel hergerichtet und dann direkt am Spielfeldrand Platz genommen und die Kamera ausgepackt. Oft begab es sich, dass mein großes Idol Dieter Baumann, seines Zeichens einer der bekanntesten Sportfotografen Deutschlands aus Ludwigsburg, neben mir saß und mit seiner Canon A1 in die gleiche Richtung zielte wie ich.

Fotolaborant ist fast wie Fotograf

Dann brach das Jahr 1984 an und in der Schule schrieb man plötzlich Bewerbungen als Übung für das "richtige" Leben. Da es eigentlich gar keine Frage war, für welchen Beruf ich mich bewerben wollte, ich aber keine wirklichen Infos hatte, wo ich meine Bewerbungen hinschicken konnte, schnappte mich mein Vater und schleppte mich zu einem der beiden* Porträtfotografen in Ludwigsburg. Der zeigte sich mäßig begeistert, aber er gab uns die Adresse der Fotografeninnung Stuttgart mit, über die wir dann eine lange Liste von Ausbildungsbetrieben erhielten. Diese Liste wurde abgearbeitet, und jedem Betrieb eine Bewerbung geschickt. Es müssen so um die 40 Briefe gewesen sein, die ich damals mit der Hoffnung auf ein Vorstellungsgespräch abgeschickt habe. Die Reaktionen waren ernüchternd, fast keine Antworten kamen zurück, einzig und allein eine Einladung zum Vorstellungsgespräch war dabei. Ich reiste also von Ludwigsburg nach Stuttgart Mitte, und von dort mit dem UNI-Bus zum Campus der UNI-Stuttgart und stellte mich dort an der Staatlichen Materialprüfungsanstalt Stuttgart vor.

Die dortige Fotoabteilung bestand aus einer Abteilungsleiterin, einem Meister und ca. vier Fotolaborantinnen. Bei der Vorstellung kam heraus, dass besagte Abteilungsleiterin die stellvertretende Obermeisterin der Fotografeninnung Stuttgart war, von der ich die Liste der Ausbildungsbetriebe bekommen hatte.

Das Vorstellungsgespräch war bemerkenswert, außer dem eigentlichen Gespräch wurde ich einigen praktischen Tests unterzogen, wovon mir zwei gut in Erinnerung blieben: Erst sollte ich in der Dunkelkammer (natürlich bei völliger Dunkelheit ) einen KB-Film in eine Entwicklungsspule einfädeln. "Hallo!" das war mein geliebtes Hobby und ich beherrschte das, auch nach dem aufregensten Heimspiel unserer Basketballer nachts um 24Uhr in der Dunkelkammer unserer Schule aus dem FF! Ich fädelte den Film in Rekordzeit ein, und hinterlies wohl einen guten Eindruck. Beim zweiten Test war ein wenig Fortune im Spiel: Ich solllte einen Frabstich auf einem Probestreifen aus dem Farblabor erkennen. Ich guckte mir die Probe an und schätzte munter drauf los: "Rotstich!" Die Laborantin war sichtlich beeindruckt, und hatte keine Fragen mehr, "Uff" das ging gerade nochmal gut!

Dann kam aber die Hiobsbotschaft: Um einen Ausbildungsplatz als Fotograf zu bekommen, musste zuvor eine Ausbildung als Fotolaborant absolviert werden, und das am besten noch mit Auszeichnung. Die zahlreichen Urkunden an der Wand zeugten davon, dass diese Voraussetzung ernst genommen wurde, aber ich dachte mir, so wenigstens einen Fuß in der Türe zum Traumberuf zu haben. Dass mir diese erste Ausbildung bis in die heutige Zeit von Photoshop statt Labor viel bringen würde, war natürlich nicht voraus zu sehen. Also trat ich am 1.9.1984 meine Ausbildung zum Fotolaboranten an. In den nächsten zwei Jahren war ich wohl der Fotolaborantenazubi der die wenigste Zeit in der Dunkelkammer verbrachte. Immer wenn mein Meister zum Fotografieren ins Studio oder in die Werkshalle ging, bot ich mich als Assistent an. Irgenwie muss das dem Meister auch gefallen haben, denn ich war ständig dabei. Den Fotolaborantinnen hingegen war ich, glaube ich, ein Dron im Auge, denn eine große Hilfe im Labor war ich nicht. Trotzdem lernte ich viel und sog alles was auch nur im entferntesten mit Fotografie zu tun hatte in mich auf. Die Ausstattung des Color-Labors konnte sich sehen lassen, außer den Standardprozessen C-41 , E6, und R3 verarbeiteten wir auch Cibachrome und andere eher exotische Prozesse. Das Hauptaugenmerk lag aber auf der Verarbeitung im SW-Bereich. Sowohl bei den Aufnahmen, wie wir im Studio und den Werkshallen fotografierten, als auch bei SW-Reproduktionen auf Filme im Format bis 20cmx30cm, die dann von Hand in der Schale entwickelt wurden, wurden die Entwickler zuvor auf die Vorlagen abgestimmt. Wir arbeiteten fast genau so versessen wie Ansel Adams, dessen Arbeiten ich aber erst später kennen lernte. Nach zwei Jahren absolvierte ich die Prüfung und an der Wand hing eine neue Urkunde, der Lehre zum Fotografen stand nichts mehr im Wege.

*Erst viel spater sollte sich herausstellen, dass der andere Portraitfotograf in Ludwigsburg einen Sohn hat, der dann mein Meisterkollege und Freund wurde ;-)